Landesvorsitzender (w/m) gesucht

Walter Adam trat mit einer kämpferischen Rede auf - Foto: SPD
Walter Adam trat mit einer kämpferischen Rede auf - Foto: SPD

Ein Kommentar von Matteo Dolce


"Business as ususal", und dann kam doch einiges anders. Der 66. ordentliche Landesparteitag der bayerischen Sozialdemokraten war vielleicht zum größten Teil so, wie es die Parteigranden erwartet hatten. Alle waren sie gekommen: Pronold, Kohnen, Rinderspacher, Schäfer-Gümbel. Alle folgten dem standardisierten Verfahren des gegenseitigen Schulterklopfens und der Mitgliedereinstimmung auf die, aus ihrer Sicht, wichtigen Themen für Bayern und die SPD.


Unbestritten waren auch einige wichtige Themen dabei. Flüchtlingspolitik, Homo-Ehe, Griechenland-Krise, sozialer Wohnungsbau, und doch fehlte es am ersten Tag dieses zweitägigen Parteitags an einer konkreten Zielsetzung. An echten Themen, die dazu geeignet sind, eine Partei, die seit Jahren bei Wahlen lediglich zwischen 20 und 30 Prozent der Wählerstimmen erreicht, aus diesem Tief herauszuholen.

Florian Pronold verteidigte seine Strategie - Foto: SPD
Florian Pronold verteidigte seine Strategie - Foto: SPD

Die Bayern SPD braucht Veränderung. Sie braucht einen Charakter und Personen, die ihn verkörpern. Was sie nicht braucht, sind geradlinige Parteisoldaten, die sich in einem selbstbelobigenden Umfelder gegenseitig versichern, wie gut sie arbeiten. Eine Partei, die nicht an Wählerstimmen hinzugewinnt, kann nicht zufrieden sein. Sie braucht Menschen wie Walter Adam.


Walter Adam steht – zuggegeben – nicht für den wünschenswerten Verjüngungskurs. Der 71-jährige aus Kelheim in Niederbayern wagte aber etwas, was sich kein anderes bayerisches SPD-Mitglied getraut hat. Er trat mit einer mutigen Rede gegen den bisherigen Landesvorsitzenden Florian Pronold an. Mit einer von Kritik geprägten Rede sprach er über mangelnden Mut in der Partei, über fehlende Widerstände gegen – aus seiner Sicht – strategische Fehlentscheidungen und darüber, dass Pronold zu sehr von Beratern gesteuert werde.

Das Ergebnis: So votierten die bayerischen Delegierten. - Foto: SPD
Das Ergebnis: So votierten die bayerischen Delegierten. - Foto: SPD

Pronold ging in seiner Gegenrede in etwas hilfloser Weise auf die Vorwürfe ein und versuchte sie zu entkräften. Zählte auf, was er alles schon gemacht habe und konstatierte, dass er fleißig sei.


Trotz eigentlich aussichtsloser Kandidatur stimmten fast ein Drittel der Delegierten für Adam. Das Ergebnis von Pronold lag hingegen bei katastrophalen 63,3 %.


Dies zeigt deutlich, welch Unmut bei einigen Delegierten vorherrscht. Die SPD traut sich zu wenig. Es reicht nicht aus, gute Arbeit zu leisten, wenn man dadurch keine Wahlen gewinnt. Es reicht nicht aus, gute Ideen zu haben, wenn man sie nicht umsetzen kann. Adam sprach dies zum ersten Mal deutlich aus und forderte einen Landesvorsitzenden, der keine Koalition anstrebe, sondern eine Regierungsmehrheit.


Adam war auch kein Kandidat, der die Massen bewegen konnte, aber Pronold hat genauso geringe Aussichten, die SPD aus der Jahrzehnte währenden Lethargie in Bayern zu führen. Die Bayern SPD braucht eine/n neue/n Landesvorsitzenden. Pronold sollte sich deswegen nicht zurückziehen, seine politische Erfahrung und sein Talent werden gebraucht, aber eben nicht als Frontmann.


(MD)

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